Donnerstag, 4. Dezember 2008

Autopsie

Müdegruseln vorm Schlafengehen
Aus dem Fernseher schrill die Geigen flehen
Der Spannungsbogen dem Zerbrechen nah
Im Kellerabteil eine Gräueltat geschah
Das Opfer lächelnd noch voll im Leben
Verscharrt im Garten eines Täters wegen
Leugnen beim Verhör, verhaspelnd im Detail
DNA-Spuren, Das Beweisstück ein Beil
Gerechtigkeit am Schluss: nur was kommt dann?
Abgründe nach der Werbung. Bleiben sie dran

Freitag, 7. November 2008

Mr President

Obama, Meister der jungen Massen
Wie Entscheidungen Geschichte verfassen
Ungetüm charismatischer Träume
Ein Riss in der Rassismussäule
Ein Heiler der modernen Krisen
Therapeut der Kapitalismusriesen
Vielleicht schon erkauft von den Mächtigen
Vielleicht bald verkauft an die Schmächtigen
Zukunft mit Geschichte in brennenden Lettern
Erlebbar verdichtet in Gegenwart
am Abgrund der Welt auf morschen Brettern

Montag, 13. Oktober 2008

Managergehälter



Liebe Journalisten, Politiker und Lobbyisten. Ich danke ihnen für ihre große Anteilnahme an den Problemen des kleinen Mannes. Wir, die normalen Bürger sind stolz auf eure lancierte Aktion endlich Schluss zu machen mit hohen Managergehältern. Sie haben erkannt, dass es ungerecht ist, wenn auf der einen Seite tausende Menschen arbeitslos werden und auf der anderen einige wenige das 100fache von dem verdienen, was die Leute auf der untersten Sprosse der Karriereleiter ihr Salär nennen dürfen. Ich denke es ist aufrichtig und zielgerichtet, wenn dieser Missstand besonders deutlich gemacht wird, jedesmal wenn wir, die Bürger wieder tausende Euro mehr für diverse Finanzrettungspläne aufwenden sollen.
Besonders möchte ich Peer Steinbrück danken, der uns alle Sorgen regelrecht im Voraus nehmen kann. Heute erklärt er beispielsweise, dass Banken, die Geld aus dem 500 Milliarden schweren Rettungsfonds (das sind circa 6000 Euro pro Bürger!) erhalten gewisse Bedingungen aufgezwungen bekommen und zwar unter anderem... bei Managergehältern! Gut, dass endlich wieder Gerechtigkeit einkehrt. Wir kürzen einfach die Managergehälter! Mir fehlen die Worte um meine Dankbarkeit auszuformulieren. Sollen diese Manager der Milliardenschweren Großunternehmen ruhig mal einige Jahre auf Hartz 4 Niveau leben, damit unser Gerechtigkeitssinn befriedigt ist und alles weiter seine ansonsten nicht beanstandungswürdigen Bahnen läuft. Wenigstens können wir uns auf die führenden Eliten verlassen: Sie zeigen uns ganz klar, wo wir die Probleme zu suchen haben.

Auf niedrige Managergehälter! Auf unsere Gesellschaft! Auf unser Gefühl für Gerechtigkeit!



Prost.

Sonntag, 21. September 2008

Is Google God?

1. Thou shalt have no other Search Engine before me, neither Yahoo nor Lycos, AltaVista nor Metacrawler. Thou shalt worship only me, and come to Google only for answers.
2.Thou shalt not build thy own commercial-free Search Engine, for I am a jealous Engine, bringing law suits and plagues against the fathers of the children unto the third and fourth generations.
3.Thou shalt not use Google as a verb to mean the use of any lesser Search Engine.
4.Thou shalt remember each passing day and use thy time as an opportunity to gain knowledge of the unknown.
5.Thou shalt honor thy fellow humans, regardless of gender, sexual orientation or race, for each has invaluable experience and knowledge to contribute toward humankind.
6.Thou shalt not misspell whilst praying to me.
7.Thou shalt not hotlink.
8.Thou shalt not plagiarise or take undue credit for other's work.
9.Thou shalt not use reciprocal links nor link farms, for I am a vengeful but fair engine and will diminish thy PageRank. The Google Dance shall cometh.
10.Thou shalt not manipulate Search Results. Search Engine Optimization is but the work of Microsoft.
http://www.thechurchofgoogle.org/

Dienstag, 16. September 2008

Gedichtreihe - Sauer

Ich war sauer auf die simple Liebe
Konnte sie einfach nicht akzeptieren
Zwischen Sommersex und Winterkuscheln
kann man sich nicht in mehr verlieren?

Ich war sauer auf das seichte Lächeln
war unfähig mich daran anzuschmiegen
dem Sinn zu entsagen am Wahnesgrund
wenn liebende Seelen schwerelos wiegen

Ich war sauer auf das leichtere Glück
sich kopflos an der Freude zu sonnen
Endlich mal oberflächlich anzukommen
Sinnesrausch entzückt durch Körperwonnen

Ich bin sauer auf das einfache Leben
Sauer wenn alle Menschen danach streben
laufend im Gang auf befestigten Wegen
In fremden Träumen kein bißchen verwegen

Sonntag, 3. August 2008

Die Zeit der Wälle

Ob virtuell oder real – Die Mauer, als Schutz gegen Bedrohungen von außen und innen feiert ihre Renaissance annähernd 20 Jahre nach dem Fall des berühmtesten Vertreters ihrer Gattung in der Neuzeit.

Im 6. Jahrhundert entstand eine wahnwitzige Idee, die das Leben einer ganzen Zivilisation grundlegend verändern wird. Eine Mauer wurde gebaut, um lästige Plünderer von ihrem Tagesgeschäft abzuhalten, erst als lokale Lösung, später als kontinentaler Anspruch ein riesiges Reich zu schützen. Die Idee der Mauer als Schutzwall war zu diesem Zeitpunkt keinesfalls neuartig, doch der Bauaufwand, das Problem geeigneter Ressourcen, sowie hohe Instandhaltungskosten machten Wälle zu dieser Zeit zu einer Luxuserrichtung für besondere Knotenpunkte des menschlichen Lebens. Diese Zivilisation wurde im 2. Jahrhundert vor Christi Geburt von Qin Shi Huang vereint, dessen Dynastie vor allem auf dem Fundament des größten Bauwerks der Menschheitsgeschichte basierte. Die chinesische Mauer ist ein über 6000 Kilometer fassender Gigant der seines gleichen sucht. Ein Primitivling unter den Weltwundern und doch von unerreichbar praktischer Natur. Keine große Ästhetik wurde miteinbezogen, sondern militärisch sinnvoller Pragmatismus. Wir sehen also heute staunend die Überreste von dem immerwährenden Kampf zwischen den Menschen hinter und vor der Mauer und sinnieren keineswegs primär über Abgrenzung, Angst, Hass und Habgier. Dort steht kein Mahnmal, sondern Kunst. Wer hier eine archaische Reminiszenz erkennt, sollte die nähere Geschichte betrachten.




Das 1979 erschienene Konzeptalbum „The Wall“ von Pink Floyd beschreibt den Leidensweg eines jungen Mannes, der um sich eine imaginäre Mauer baut, um schlechte Emotionen nicht an sich heranzulassen. Am Ende reißt er die Mauer wieder ein. Das Werk wurde 1990 in Berlin vor über 200000 Menschen anlässlich zum Fall der Mauer aufgeführt und gilt als künstlerischer Meilenstein der Musikkultur.

Die Berliner Mauer wurde 1961 errichtet und spielt seine Rolle in der Moderne vorzüglich, als Dino der menschlichen Konstrukteurskunst. Die Gründe waren jedoch teilweise andere, als bei der chinesischen Idee. Die Abgrenzung war immer noch Hauptgrund, aber die Sorgen des sowjetischen Satellitenstaates DDR lagen in anderen Bereichen. Vor allem ging es um Kontrolle und ein überschaubares Grenzverhältnis mit dem Systemfeind. Geplündert wurde hier maximal an der Anzahl potenzieller Marxisten, die durch westlichen Aufschwung der DDR den Rücken zukehren könnten.
Ein „antifaschistischer Schutzwall“ sollte es sein. Eine euphemistische Halbwahrheit, denn vor anderer Ideologie sollte sie schützen, dabei machte sie aber keineswegs Unterschiede, was in der Natur von Mauern liegt. Diese Mauer wurde 28 Jahre nach ihrer Errichtung niedergerissen und steht heute für all das was ein freiheitliches und friedliches Miteinander negiert - sollte man meinen. Die Realität sieht leider anders aus: In dem vereinigten Deutschland sehnt sich jeder Fünfte nach der Zeit zurück, in der Menschen regelrecht vom restlichen Weltgeschehen ausgesperrt wurden. Sie haben die Selbstschussanlagen und hunderte Todesopfer vergessen. Sie sehen die Mauer nicht mehr als Symbol für einen totalitären Staat, sondern hoffen auf wirtschaftliche Vorteile und weniger Menschen mit inakzeptablem Dialekt. Eine interessante Problembewältigung sieht man von den menschenverachtenden Konsequenzen ab. Wie also sieht die gegenwärtige Idee der Mauer aus?


Die Mauer wächst an ihren Aufgaben und nimmt teilweise völlig andere Formen an. In Israel heißt sie „Terrorabwehrzaun“, soll Selbstmordattentäter abhalten und definiert gleichzeitig Israels Grenzen großzügig neu. Eine signifikante Senkung von solchen Anschlägen ist unter Unabhängigen strittig und bei der Regierung klar erkennbar. Sie erfüllt ihren Zweck und wieder treibt ihre Passivität Blüten der Ungerechtigkeit. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag machte Verletzungen gegen die Genfer Menschenrechtskonventionen aus und die Grenzen, die gezwungenermaßen geschaffen wurden annektieren viel Terrain exklusive palästinensischer Siedlungen.



Qalqiliya zeigt das ganze Dilemma der israelischen Sicherheitspolitik: Eine Mauer, die eine Stadt fast vollkommen umschließt und die Leute zwingt nur über ein Passiertor im Osten die Stadt verlassen zu können. Manchmal werden solche Passiertore aus Sicherheitsgründen stundenlang geschlossen und führen bei diesem Beispiel zu einem Gefängnis mit über 40000 Insassen aller Altersgruppen. Unschuldsvermutung ausgeschlossen - ein Ghetto der Moderne.


Diese Situation mag einzigartig in ihren Auswüchsen sein. Die emotionale Lage bei den Ausgegrenzten ist im Wandel der Zeit zum Beispiel in Form der Apartheid aufgetreten. Dieser Missstand ist offiziell beseitigt und für Optimisten mag das ein Trost sein. Israel hingegen definiert sich als jüdischer Staat und die Palästinenser kämpfen nicht um Gleichstellung. Wie soll also diese Mauer fallen?
In China wurde währenddessen die subtilste und effektivste Mauer der Neuzeit gebaut. Das Internet bedroht die politische Gleichschaltung in der aufstrebenden Drachenrepublik. Nun steht die Mauer in jedem Haushalt mit Internetanschluss. Dreißigtausend Beamte sorgen für eine Atmosphäre á la 1984 in dem sie kritische Blogs blockieren, der Staatsführung unpässliche Seiten löschen sowie bedrohliche Nachrichten zensieren neben vielen anderen unredlichen Praktiken. Das „Golden Shield Project“ wird deswegen von Kritikern „The Great Firewall Of China“ genannt. Die Willkür des Ausgrenzens hat die neusten Errungenschaften der Freiheit erreicht und entsetzt darf man nun mit ansehen, wie viele Chinesen aus einer Abwehrhaltung heraus dem Westen vorwerfen schlichtweg eine andere Definition von Freiheit zu haben. Die Zeiten sind also andere. Die Berliner Mauer wurde längst vergessen und ist für die Entwicklungen in der Weltpolitik nicht der Rede wert. Es wird sie weiterhin geben, die Unüberwindbaren, immer durchdachter, immer sicherer und immer unmenschlicher. Die Lehren der Zeit werden revisionär umgedeutet bis sie keinen Anspruch in der Gegenwart haben und zu Irrglauben verkommen. Ein offensichtlicher Betrug der Meinungsbildenden am gemeinen Konsumvolk, die mit den schlechtesten Eigenschaften des Menschen planen: Das Vergessen und Verdrängen. Dementsprechend tanzt die Geschichte Aufmerksamkeit suchend im Kreis, um erst wahrgenommen zu werden, wenn alles wieder vergangen ist. Wenn man diese „Bauwerke“ aus der Perspektive der Menschen betrachtet, die betroffen waren und sind kann man die Lethargie nachvollziehen mit der sie solche Freiheitsbeschneidungen akzeptieren. Ein Status quo ohne vadis tut sich gegenwärtig auf, weil moderne Mauern den Anspruch der Ewigkeit stärker erfüllen, als ihre vielen Vorgänger. Trotzdem ist nicht alles verloren. Chinas Cybermörtel bröckelt durch den Informationsdruck des Internets und einer aus dem Konsumhunger geborene Freiheits- und Individualitätssuche. In Israel realisieren immer mehr Menschen die Ungerechtigkeit, die ihren direkten Nachbarn wiederfährt. Und Deutschland? Zumindest die Konjunktur kennt eine deutliche Sprache: Im Osten wächst sie seit Jahren schneller als im Westen. Vielleicht ein Argument für jeden Fünften seine Meinung zu überdenken.


(leicht abgeänderte Uniarbeit)

Donnerstag, 12. Juni 2008

Wien und die EM - ein Zwischenzeugnis


Als ich kurz vor dem Anpfiff der Begegnung Deutschland - Kroatien an der Fanmeile ankam wurden mir gleich zwei Dinge schlagartig vor Augen geführt: Erstens waren die Deutschen Fans zahlenmäßig erschreckend unterlegen. Als einziges Team in seiner Gruppe hat es quasi das Farbmonopol in einer ansonsten rot-weiß karierten, gestreiften, gescheckten Trikotwelt und sorgt so für eindeutig erkennbare Anhänger. Sie fallen auf und gehen gleichzeitig zahlenmäßig unter.


Die Fans
Kaum auszumachen: Polnische Fans im Hintergrund

Die zweite Erkenntnis war, dass ich mich darauf einzustellen habe permanent als Patrick Owomoyela angeredet zu werden. Kann ich nicht nachvollziehen. So konnte ich mir als Patricks Vertreter Schmachgesänge nach der Niederlage der Deutschen und Cordoba-Einschwörungen nach dem Unentschieden der Österreicher anhören. Die Österreicher beweisen am heutigen Tag, daß man auch bei kleinen Erfolgen groß feiern kann.




Die Fans während der Halbzeit. Es steht 1:0 für Kroatien, aber der Optimismus ist weit und breit ungebrochen schließlich zeigte ihre Mannschaft eine mitreißende Leistung in den ersten 45 Minuten. Der späte Ausgleich kommt dennoch wie aus dem nichts und löst so eine Welle der grenzenlosen Glücksausbrüche bei den Wienern aus. Die Stimmung war wunderbar freundlich und ansteckend.





Wirklich schöne Momente, die mich an die Weltmeisterschaft erinnerten - nur da ging es um den Einzug ins Halbfinale. Am Ende des Abends und kurz vor dem Ausgang aus der rot-weißen Euphoriemeile wurde mir noch eine finale Weisheit zu teil. "Patrick, du mußt dir immer wieder sagen was du wirklich willst." erklärte mir eine Mehrfachbegegnung und machte sich auf die Großleinwand zu erklettern.